Freitag, 24. Februar 2012

Es traf mich bis ins Knochenmark

Vielleicht habt ihr ja schon einmal davon gehört, dass Menschen, die an Leukämie (Blutkrebs) erkrankt sind, mit einer Knochenmark- aka Stammzellenspende neues Leben durch Heilung geschenkt werden kann. Zum Ablauf einer solchen Spende verweise ich auf die Seiten der DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei).
Das Problem an dieser Knochenmarkspende ist ähnlich gelagert wie die Blutgruppen bei der Blutspende - nur schlimmer. Denn gibt es "nur" 4 Blutgruppen (oder 8, wenn man den Rhesus-Faktor berücksichtigt), so sind bei der Auswahl eines Knochenmarkspenders wesentlich mehr sog. HLA-Gewebemerkmale zu berücksichtigen. Das gestaltet das Finden eines Spenders außerordentlich schwer.

Deshalb gibt es Datenbanken wie die oben erwähnte DKMS, bei denen man sich "typisieren", d.h. mit seinen entsprechenden Merkmalen eintragen lassen kann. Eine Typisierung kostet Geld. In meinem Fall allerdings nicht mich.
Meine Typisierung lief über eine Aktion mehrerer Schulen aus der Region, denn ein Schulleiter war an Leukämie erkrankt und bei einer Spendenaktion war Geld für die massenhafte Typisierung von Schülern gesammelt worden. So wurden wir aus allen Ecken mit Bussen angekarrt, haben einen Fragebogen beantwortet und dann wurden uns 5ml Blut abgezapft (das Blut ist zur Typisierung notwendig, es gibt aber auch andere Typisierungsmethoden wie ein Mundschleimhautabstrich).

Ich bekam also meinen Brief, dass ich soweit gesund sei und jetzt in der Datenbank unter der Spendernummer xyz eingetragen wäre. Ab und zu flatterte ein wenig Info- und Werbematerial ins Haus, gerne auch auf die Tränendrüsen-Nummer - aber bei einem Thema wie der "Lebensspende" mag das ja auch gerechtfertigt sein.

Ungefähr 5 Jahre später, im November 2011, flatterte dann ein anderer Brief ins Haus:
lhre Bereitschaft zur Lebensspende - Bestätigungstypisierung
Spendernummer xyz
Sehr geehrter Herr ...,
auf Grund der bisher durchgeführten Testungen lhrer Gewebemerkmale wurde festgestellt, dass Sie mit einem Patienten, für den ein Stammzellspender gesucht wird, in mehreren Gewebemerkmalen übereinstimmen.
Dieser Befund bedeutet nun, dass Sie für den Patienten in die engere Wahl als möglicher Stammzellspender  kommen.
Was für ein Schock! Das traf mich wirklich ins (Knochen-)Mark. Ich kannte zwar zu dem Zeitpunkt schon einige Menschen, die schon in die engere Wahl gekommen waren (wie ich mit diesem Brief ja auch), aber konkrete Spender kannte ich keine. Mein einziger "echter" Bericht, der nicht aus dem DKMS-Marketing stammte, kommt vom großartigen Herrn Poppe [Link!], der selbst schon Spender gewesen ist. Ein bisschen mulmig war mir also schon bei der Sache.
Im Folgenden gab es ein sehr beruhigendes Telefongespräch mit der DKMS, bei dem es hauptsächlich um meine verbliebenden Fragen und das weitere Vorgehen ging. Ich füllte den besprochenen Fragebogen aus und schickte ihn ab. Die Dame vom Dienst machte dann bei meinem Hausarzt einen Termin zur erneuten Blutabnahme für eine Bestätigungstypisierung klar. Diese ist wohl zur genaueren Untersuchung sowie zum Ausschluss von Krankheiten wie AIDS und Hepatitis-B notwendig.
Die Frau am Telefon erklärte mir auch, dass ich im Falle einer Spende den Empfänger frühestens 2 Jahre später kennenlernen könnte (da gibt es je nach Land des Empfängers verschiedene gesetzliche Regelungen), am Tag der Spende aber zumindest Alter, Geschlecht und Heimatland des Patienten erfahren würde.

Und dann: Stille. Innerhalb der nächsten 12 Wochen bekäme ich Bescheid, ob ich denn nun der beste Spender für den Patienten sei oder nicht. Deshalb: Stille.

Heute, Ende Februar, kam dann - endlich, die 12 Wochen waren ziemlich ausgereizt - ein Brief von der DKMS:

Nach unserem heutigen Wissensstand werden Sie für diesen Patienten nicht als Spender benötigt.

Da kann man sagen: Uff! Denn eine Spende hätte meine Planung der nächsten Wochen schon sehr durcheinander geworfen.
Ich sage aber auch: Glück gehabt! Und damit meine ich den Patienten, denn das heißt, dass ein besserer Spender als ich gefunden wurde - was wiederum heißt, dass wahrscheinlich ein guter Spender gefunden wurde. Und das ist das einzige, was bei der ganzen Sache zählt.

In der Wartezeit bin ich auch noch Patenonkel geworden, und das hängt mit meiner Lehre aus dieser Angelegenheit zusammen: Plötzlich ist da die Notwendigkeit, für Andere Verantwortung zu übernehmen, und ich merke wie das gleichermaßen Glück als auch Angst erzeugen kann. Auf jeden Fall hat es mir aber geholfen, über Selbstlosigkeit und Verantwortung nachzudenken.

Außerdem darf ich jetzt wieder Blut spenden gehen. Und so haben letzten Endes wirklich alle etwas davon.



PS: Ihr seid noch nicht bei der DKMS registriert? Worauf wartet ihr noch?!

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